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Ihr seid komplett für’n Arsch! Protest gegen Feine Sahne Fischfilet Konzert

Wo? Messevorplatz, Erfurt (Gothaer Straße 34, Haltestelle „Messe“)
Wann? Freitag, 08. Dezember 2023, 17.30 Uhr

Ihr seid komplett für’n Arsch! Feine Sahne Fischfilet die Tour versauen!

Im Mai 2022 wandte sich ein Zusammenschluss aus Betroffenen und ihren Unterstützer*innen unter dem Namen ‚Niemand muss Täter sein!‘ (Blog: nmts.noblogs.org) anklagend an die Öffentlichkeit. Die Betroffenen des Kollektivs eint eine Erfahrung: Sie alle haben sexualisierte Gewalt, Machtmissbrauch und/oder Sexismus durch Jan Gorkow alias Monchi von Feine Sahne Fischfilet erfahren. Seither fordern sie gemeinsam Konsequenzen und Verantwortungsübernahme seitens der Band und ihrer Mitglieder ein. Davon ist jedoch nicht viel zu merken. Beteuerte die Gruppe zu Beginn noch die Vorwürfe gegen sie ernstnehmen zu wollen, bestreiten sie nun lauthals jemals sexualisierte Gewalt ausgeübt zu haben. Mehr noch: sie inszenieren sich als good Guys, die ihre eigenen Sexismen längst reflektiert hätten und sich als „Teil der Lösung und nicht des Problems“ (aus dem Statement von Feine Sahne Fischfilet) verstehen. 

Wir kennen Reaktionen dieser Art von gewaltausübenden cis Mackern nur zu gut: victim blaming, Verharmlosung, mangelnde Verantwortungsübernahme und das Einnehmen öffentlicher Räume sind ebenso Ausdruck patriarchaler Machtstrukturen, wie das Stattfinden sexualisierter Übergriffe selbst – und von diesen Strukturen haben wir genug! Deshalb wollen wir entschieden und laut auf die Straße gehen gegen sexistisches Mackertum, gegen patriarchale Gewalt und gegen den Auftritt von Feine Sahne Fischfilet!

Nächste Ecke Links 2023

Das neue Semester naht und damit steht so einiges an! Auch bei uns – wir laden euch im Oktober und November 2023 gleich zu drei Veranstaltungen ein und hoffen auf offene Ohren, rege Diskussion, auf Vernetzung und Ermutigung gegen den sexistischen Alltag.

Das Podiumsgespräch am 19.10. über Sexismus und patriarchale Machtstrukturen am Campus und der Feministische Filmabend am 24.10. finden im Rahmen der Alternativen Studieneinführungstage Erfurt – Nächste Ecke Links statt. Diese halten dieses Jahr vom 16. bis 29. Oktober zahlreiche Veranstaltungen bereit. Linke, emanzipatorische Gruppen und Initiativen organisieren die Nächste Ecke Links, damit vor allem Studienanfänger*innen auch politisch in Erfurt ankommen und neue linke Orte, Themen, Leute und Gruppen kennenlernen können. Schließlich laden wir noch alle interessierten FLINTA* zum Offenen Treffen am 15.11. ein.

Alle Infos zu den Veranstaltungen findet ihr oben im Flyer (wird groß per Klick) oder unter Veranstaltungen.

Offenes Treffen am 17. Mai

Sharepic für das offene Treffen 17.05.2023

Kommt zum Offenen Treffen – campus mackerfrei!

Find the invitation in English

Das Kollektiv campus mackerfrei gründete sich 2020, als ein Professor, der sexualisierte Übergriffe gegen Studentinnen verübt hatte, wieder an die Uni zurückkehren sollte. Seitdem setzen wir uns dafür ein, dass Sexismus und sexualisierte Übergriffe auf dem Campus nicht folgenlos bleiben. Ende März 2023 wurde der betreffende Professor endlich aus dem Beamtenstatus entfernt – auch deshalb, weil wir deutlich gemacht haben, dass die Studierenden eine Rückkehr des Profs an die Uni nicht akzeptieren. 

Die Universität bleibt ein Ort, an dem Machtmissbrauch, Sexismus und patriarchale Strukturen zum Alltag gehören. Dagegen wollen wir uns wehren!

campus mackerfrei hat es sich zum Ziel gesetzt, sexualisierte Übergriffe und Sexismus im Hochschulkontext zu benennen, Betroffene zu unterstützen und Konsequenzen einzufordern, sofern die Betroffenen das wünschen. 

Wenn du dich aktiv für einen queerfeministischen Campus und einen Uni-Alltag frei von patriarchaler Gewalt einsetzen willst, komm zu unserem offenen Treffen am 17. Mai! Wir freuen uns über viele neue Menschen (all gender), die Motivation, Ideen und Tatkraft mitbringen.

Wo? Uni Erfurt, Lehrgebäude 1, Raum 102
Wann?
Mittwoch, 17. Mai 2023, 18 Uhr

Urteil: Professor wird wegen sexualisierter Übergriffe entlassen

Wir möchten zunächst in aller Kürze über den Ausgang des Berufungsverfahrens gegen einen Philosophie-Professor der Erfurter Universität wegen sexualisierten Übergriffen gegen Studierende informieren. Wir melden uns bald noch mit ausführlicheren Worten.

Das Thüringer Oberverwaltungsgericht in Weimar verkündete am 21. März 2023 das Urteil: Der Professor wird endgültig aus seinem Dienstverhältnis entlassen.

Zusammen mit dem Feministischen Forum und dem FSR Philosophie hatten wir unter dem Motto „Kein Raum für Täter! Konsequent gegen sexualisierte Gewalt und patriarchalen Machtmissbrauch am Campus und überall!“ zu einer prozessbegleitenden feministischen Kundgebung aufgerufen. Radio F.R.E.I. war vor Ort und hat O-Töne eingefangen:


Wir haben nach dem Prozesstag ein ausführliches Interview mit Radio F.R.E.I. über das Verfahren, dessen Ausgang und den Umgang mit Sexismus und Übergriffen an der Uni allgemein geführt:


Hier geht es zum ganzen Beitrag von Radio F.R.E.I. mit diversen Redebeiträgen von der prozessbegleitenden Kundgebung.

Ganz wichtig: Wir sind den vielen solidarischen Menschen, die an diesem Tag gemeinsam mit uns vor dem und im Gericht waren, unfassbar dankbar!

Kein Raum für Täter! Verfahren wegen sexualisierten Übergriffen gegen Studierende durch Universitätsprofessor geht in Berufung

Read the statement in English here

Statement, verfasst von Studierenden der Universität Erfurt

Erfurt, 20. März 2023

Diese Woche findet am Thüringer Oberverwaltungsgericht in Weimar ein Berufungsverfahren gegen einen Professor der Universität Erfurt statt. Das Verwaltungsgericht Meiningen hatte mit einem Urteil im Dezember 2020 die Rückkehr des aktuell suspendierten Professors in dessen Lehrposition und den Erhalt seines Beamtenstatus nach sexualisierten Übergriffen gegen Studierende beschlossen.

Wir als Studierende der Universität Erfurt begrüßen, dass das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und digitale Gesellschaft als Arbeitgeber des Professors gegen dieses Urteil Berufung eingelegt hat. Hierauf beziehen wir wie folgt Stellung:

Das Verwaltungsgericht Meiningen lässt im bisherigen Disziplinarurteil bewusst den übergriffigen Charakter der Taten außer Acht – trotz Betroffenenaussagen, die bekräftigen, dass der sexuelle Kontakt unfreiwillig und aus einem Gefühl der Abhängigkeit gegenüber dem Professor eingegangen wurde. Dass im Urteil des Verwaltungsgerichts lediglich von einem „deutlich unangemessenen Verhalten“ die Rede ist, stellt eine Verharmlosung der sexualisierten Übergriffe dar, die kaum zu übertreffen ist – gerade in Anbetracht dessen, dass der besagte Professor für diese Übergriffe bereits strafrechtlich wegen Vorteilsnahme und versuchter schwerer Nötigung verurteilt wurde. Es ist zu hoffen, dass das Oberverwaltungsgericht zu einer anderen Beurteilung kommt und dabei die Betroffenen ernst nimmt, ebenso wie seine Verpflichtung gegenüber der Studierendenschaft der Universität Erfurt.

Mit einer Rückkehr des besagten Professors in den Lehrbetrieb würde eine potentielle Gefährdung von Studierenden billigend in Kauf genommen werden. Im Gegensatz zur Universität, deren Aufgabe es wäre, Studierende zu schützen, hat der Studierendenrat der Universität Erfurt sich bereits klar und deutlich positioniert: „Das Ansehen und vor allem das Vertrauen in diesen Professor sind auf Seiten der Studierenden nachhaltig zerstört!“ Ein solches Misstrauen steht einer funktionierenden Zusammenarbeit zwischen Studierenden und Lehrenden in Seminaren, Vorlesungen und Beratungsgesprächen massiv entgegen. Dies würde sich zu Lasten der Studierenden auswirken.

Professor:innen, insbesondere cis-männlichen Professoren, kommt im universitären Lehrbetrieb eine herausragende Autorität und Machtposition zu. Diese patriarchalen Machtstrukturen ermöglichen es Beamt:innen, ihre Position zum Schaden von Studierenden auszunutzen. Der Verbleib eines derart übergriffigen und sexistischen Mannes in seiner Stellung ist Ausdruck dieses nicht hinnehmbaren Zustands.

Ein erneut zugunsten des Professors ausfallendes Urteil und seine Wiedereinsetzung in den Universitätsbetrieb würde nicht nur uns betreffen, es hätte darüber hinaus Signalwirkung: Es würde Betroffenen von sexualisierten Übergriffen signalisieren, dass die Gewalt, die sie erfahren, nicht anerkannt wird oder egal ist. Es würde Studierenden und Universitätsangehörigen signalisieren, dass derartige Übergriffe und die Täter, die sie begehen, ihren Platz an der Universität haben und behalten dürfen. Es würde Professor:innen und cis Männern in Machtpositionen signalisieren, dass sie sich aus der Verantwortung ziehen können und dies billigend in Kauf genommen wird.

Unsere Kritik gegen die patriarchalen Zustände endet nicht beim übergriffigen Professor und nicht beim urteilenden Gericht. Es ist ein grundsätzliches Problem, dass Betroffenen von sexualisierter Belästigung und Gewalt sowohl gesellschaftlich als auch juristisch noch immer oft kein Glauben geschenkt und ihre Betroffenheit in Zweifel gezogen wird – oft unter Rückgriff auf victim blaming sowie misogyne und antifeministische Narrative. Diese strukturelle Gewalt verursacht zusätzliche Verletzungen, sie retraumatisiert, sie entmündigt – wie Aussagen von Geschädigten nach derartigen Prozessen immer wieder deutlich machen. Dies sollte dem zuständigen Gericht und auch der Uni zu denken geben. Die Gegenwart von Sexismus und sexualisierter Gewalt muss sowohl im juristischen als auch im akademischen Bereich endlich anerkannt und problematisiert werden. Hierfür müssen die Betroffenen und ihre Perspektiven ernst genommen werden. Das Berufungsverfahren birgt die Chance, dies zu tun.

Doch unabhängig davon, wie das Oberverwaltungsgericht urteilen wird: Wir geben keine Ruhe! Für uns Studierende sollte die Universität ein Raum sein, in dem wir uns weiterbilden und entfalten können – und das unabhängig von unserem (zugeschriebenen) Geschlecht. Wir nehmen es nicht hin, wenn uns dieser Raum von cis Männern, die ihre Macht ausüben, genommen wird und stellen uns entschlossen dagegen.

Kein Raum für Täter – Gegen sexualisierte Gewalt und patriarchale Machtstrukturen am Campus und überall!

Erstunterzeichner*innen:
campus mackerfrei
Feministisches Forum Erfurt
Fachschaftsrat Philosophie
Studierendenrat der Universität Erfurt
Fachschaftsrat Geschichte
Hochschulgruppe Fridays for Future Erfurt
Kritisches Lehramt
QueErfurt
Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit Erfurt
DGB-Jugend Hochschulgruppe Erfurt


Sexuelle Belästigung auf den Straßen Erfurts

Heute beginnt in Erfurt das Projekt einer Studentin der Uni Erfurt im Bereich Kunst im urbanen Raum. Durch eingesendete Erfahrungsberichte konnten neun Orte in Erfurt benannt werden, an denen sexuelle Belästigung stattgefunden hat. Um Sichtbarkeit und Bewusstsein dafür zu schaffen, wurden an diesen Stellen in Erfurt rote Steine verteilt. Neben größeren roten Steinen bilden kleine rote Steine ein Wort, welches als Symbol für die von Betroffenen erfahrenen Übergriffe stehen.

Sexuelle Belästigungen finden überall statt, sie haben mehr als nur sichtbare Auswirkungen. Übergriffe dieser Art und das damit verbundene Folgen für Betroffenen ist für den Rest der Stadt nicht sichtbar. Aber genau diese Sichtbarkeit braucht es, um aufzuklären und mehr Bewusstsein und Solidarität unter Passant*innen zu schaffen.

aus dem Begleitheft „Sexuelle Belästigung auf den Straßen Erfurts“

Sexuelle Belästigung, sexualisierte Gewalt und Übergriffe werden nicht nur an diesen neun Plätzen verübt, sondern geschehen täglich in Erfurt und überall. Sie sind allgegenwärtig und es ist elementar, Aufmerksamkeit und Raum dafür zu schaffen.

Auf Instagram unter @sexuelle_belaestigung_erfurt könnt ihr weitere Informationen zu dem Projekt bekommen. Mit Klick auf das Vorschaubild gelangt ihr zum Heft mit den Erfahrungsberichten. Triggerwarnung: Auf den folgenden Seiten tauchen explizite Beschreibungen sexualisierter Belästigung und Gewalt auf. Achtet auf euch und lest den Text gegebenenfalls nicht alleine. 

Jede:r kann von sexualisierter Gewalt, Belästigungen und Grenzüberschreitungen betroffen sein. Auch sind wir alle unabhängig von unserem Geschlecht in der Lage, Gewalt auszuüben, Konsens nicht einzuhalten, Grenzen zu überschreiten. Wir leben allerdings in patriarchalen Verhältnissen. Das heißt auch, dass Menschen, die Frauen, trans* und/oder nicht-binär sind, häufiger und strukturell anders von der Gewalt betroffen sind als cis Männer. Rape Culture ist Ausdruck ungerechter und gewaltvoller Geschlechterverhältnisse.

Das ändert nichts daran, dass Betroffene, egal welchen Geschlechts, immer ernst zu nehmen sind, sie Unterstützung verdienen und es niemals ihre Schuld ist.

Wir sind froh und dankbar für den Mut der betroffenen Menschen, ihre Erfahrungen zu benennen, und für Projekte wie dieses, die Gewalt sichtbar machen, Betroffenenstimmen zuhören und helfen, sie zu verstärken.

Laut gegen sexualisierte Gewalt!

Unser Redebeitrag zum feministischen Kampftag am 8. März 2022 in Erfurt

 

TRIGGERWARNUNG: Im folgenden Redebeitrag sprechen wir über sexualisierte Übergriffe und Machtgefälle innerhalb von Universitätsstrukturen – dabei wird auch über (sexualisierte) Gewalt an FLINTA* gesprochen. Die Abkürzung FLINTA* steht für Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen – also für all jene, die aufgrund ihrer Geschlechtsidentität patriarchal diskriminiert werden.
 
Lila Glanzfolie mit der Aufschrift "8. März ist alle Tage!"

Die Geschichte mit dem Klozettel

Am 25. November letzten Jahres, dem Tag gegen Gewalt an FLINTA*, wurden im Frauenklo der Unibibliothek Erfurt Zettel aufgehängt. Auf diesen Zetteln wurde auf Gewalt gegen FLINTA* am Campus der Uni Erfurt aufmerksam gemacht. Ein Beispiel: Studentische Tutoren nutzen in den Einführungswochen seit Jahren ihre Machtposition für sexualisierte Übergriffe aus. Sie führten Strichlisten, wie viele Erstsemester-Studentinnen sie “rumgekriegt“ haben. Diese Listen stellten sie teils auf T-Shirts dar. 
 
Auf den Zetteln im Klo, die dies thematisierten, wurde eine Diskussion losgetreten, Personen kommentierten das Geschriebene. Darauf wollen wir kurz eingehen: 
Dort heißt es:  „Sie hätte doch einfach NEIN sagen können.“ – Manche FLINTA* schaffen es, sich mit einem NEIN und selbstbewusstem Auftreten aus bedrohlichen Situationen zu befreien. Das ist aber nicht immer so. NEIN sagen ist nicht immer möglich für FLINTA*. Angst kann lähmen – Häufig ist auch Alkohol im Spiel – manche FLINTA* haben bei einem NEIN Angst vor (noch mehr) Gewalt oder unangenehmen Situationen – manche FLINTA* verlieren wegen einem NEIN zu dem Essen mit ihrem Chef ihren Job.
 
Es heißt auf dem Zettel auch: „Nur weil das Benehmen der Tutoren geschmacklos ist, heißt es nicht, dass die Frauen zu irgendetwas genötigt oder gezwungen wurden.“ 
Wir müssen über Konsens sprechen: Konsens ist NICHT, wenn eine Person im Hinterkopf eine Strichliste hat. Konsens ist NICHT, wenn die berufliche Existenz von Gefälligkeiten für den Vorgesetzten abhängt. Konsens ist auch NICHT, wenn dabei dein Abschluss auf dem Spiel steht. Nur weil man nicht zu etwas gezwungen wurde, kann es trotzdem nicht einvernehmlich gewesen sein. Weil Machtgefälle bestehen. 
 
Auf dem Zettel wurde auch kommentiert: „Hört auf, Frauen immer als Opfer darzustellen. Hier ist kein Beispiel von Übergriffen. Es gibt hier kein Problem.“ 
Doch es gibt ein Problem! Das Thema ist allgegenwärtig und begegnet uns gerade im Alltag immer wieder. Dinge erscheinen normal, die es nicht sein dürften!! 
Eklige Blicke in der Bahn. Hinterherpfeifen, sogenanntes Catcalling. Ungefragte Berührungen und Kommentare. Angst auf dem Weg nach Hause bis hin zu KO-Tropfen.

Aber hierbei hört es noch nicht auf:

Jede dritte Frau in Deutschland wird in ihrem Leben Opfer physischer oder sexualisierter Gewalt. 
Bei jeder vierten Frau ist der Täter der aktuelle Partner oder ein früherer Partner. 
Jeden 3. Tag ermordet ein Mann in Deutschland seine Partnerin oder Expartnerin. Das zeigen die Zahlen des BKA und des statistischen Bundesamtes. 
Die Dunkelziffer liegt weitaus höher. Hinzu kommen psychische Gewalt, Stalking oder Bedrohung. Die Benennung und statistische Erhebung solcher Verbrechen sind, aufgrund ihrer Vielförmigkeit, problematisch.
 
Wir wiederholen diese Zahlen immer wieder. Wieso reichen diese Daten und Fakten nicht aus, damit deutlich wird, dass ein Problem in unserer Gesellschaft besteht?
Wieso haben Menschen das Gefühl, sie müssten Tutoren verteidigen, die Strichlisten über ihre Eroberungen führen? Tausende FLINTA* schreien es ständig raus und immer noch gibt es FLINTA*, die ihre Freunde, Väter und Brüder verteidigen und Betroffenen zuerst mit Unglauben begegnen. Wie kann es sein, dass es gesellschaftlich akzeptiert ist und sogar belohnt wird, wenn Männer mit vielen Frauen schlafen, aber Frauen, die sich genauso verhalten, als Schlampen betitelt werden?
 
Das Problem liegt nicht im einvernehmlichen Handeln zweier Menschen, sondern in der Objektifizierung von Frauen und den zugrundeliegenden, längst veralteten, Machtgefällen.
 
Um festzustellen, dass diese immer noch auf gewaltvollste Art und Weise wirken, reicht wieder ein Blick auf die Universität Erfurt.
 
Im Jahr 2015 nutzte der Philosophieprofessor Carsten Held seine Machtposition aus: Er drängte zwei Studentinnen zu sexualisierten Handlungen. Diese wandten sich im November desselben Jahres an ihre Professor:innen. Die Ermittlungen dauern ein Jahr an, erst zwei Jahre nach den Taten wird er vom Dienst suspendiert. In der Zwischenzeit werden noch viele weitere Fälle seiner Übergriffigkeit bekannt, denen nicht nachgegangen wird. Held erhält weiterhin einen Großteil seines Gehalts. Ob er seinen Beamtentitel behalten und wieder an die Uni zurückkehren darf, ist unklar. Die Uni selbst äußerte sich nie öffentlich dazu.

Wie kann das sein?

Wie kann das sein, dass Männer keine Konsequenzen fürchten müssen?
Es kotzt uns an, dass FLINTA* sich immer erst beweisen müssen, um als gleichwertig zu gelten. Es kotzt uns an, dass wir jedes Mal, wenn sexistische Äußerungen normalisiert werden und unwidersprochen bleiben, den nächsten Übergriff auf FLINTA* legitimieren. Dass sie ihre traumatischen Erfahrungen immer und immer wieder erzählen müssen und die Aufmerksamkeit am Ende doch dem Täter gilt. Warum werden sich Sorgen gemacht darüber, ob dem Mann geschadet wird, anstatt auf Seite der Betroffenen zu stehen? Wieso gilt die Unschuldsvermutung nur für Täter? Wer denkt, man könne sich hierbei auf Polizei und Justiz verlassen, liegt falsch. Der Umgang dieser Stellen mit Betroffenen trägt höchstens dazu bei, dass FLINTA* retraumatisiert werden und sich nicht ernst genommen fühlen.
 
All diese Probleme existieren auch in der linken Szene, die sich feministisch labelt! Selbst hier ist es immer noch kein Konsens, dass ein Raum besteht, in dem FLINTA* unwidersprochen von Erfahrungen berichten und offen darüber sprechen können.
 
Wie können wir es schaffen uns endlich solidarisch gegen diese Gewalt zu wehren?
Wir brauchen eine Gesellschaft, die ihre toxische, defizitäre Männlichkeit anerkennt und anfängt sie zu hinterfragen. Wir brauchen eine Gesellschaft, die einsieht, dass Gewalt an FLINTA* nicht grundsätzlich ein Problem von FLINTA*, sondern von Männern ist. Wir brauchen eine Gesellschaft und vor allem Männer, die andere Männer auf ihr falsches, toxisches und frauenfeindliches Verhalten hinweisen, weil dies nicht die Aufgabe von FLINTA* ist.
 
Wir brauchen eine Gesellschaft, die nicht über FLINTA*, sondern mit FLINTA* spricht. Und eine Gesellschaft die FLINTA* Raum zum sprechen gibt und sie sagen lässt was sie zu sagen haben. Wir brauchen eine Gesellschaft, die gewaltvolle, patriarchale Machtstrukturen anerkennt und sich gegen sie stark macht. Und wir brauchen FLINTA*, die sich zusammentun und nie aufhören miteinander gegen diese Machtstrukturen zu kämpfen.

Für konsequenten Antisexismus, am Campus und überall!